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Wir bauen uns ’ne Stadt und machen die natürlichen Rhythmen platt

17. September 2019

Kapitel 2.2 – Leseprobe (Lesezeit: 6 Minuten)

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Es werde Licht

»Beschreiben Sie mir Ihr Problem. Am besten fangen Sie ganz von vorne an …«, ermuntert der Therapeut den neuen Klienten. »Gern«, erwidert dieser. Er setzt sich aufrecht hin, holt tief Luft und beginnt zu erzählen: »Am Anfang schuf ich Himmel und Erde.« 

Die biblische Genesis mag für mancherlei Verwirrung sorgen, aber eines zeigt sie deutlich: Unmittelbar nach der Erschaffung von Himmel und Erde knipste Gott das Licht an. Licht dürfte also irgendwie wichtig sein, auch für atheistische Weihnachtsbäume. Und für Glühwürmchen …

Dort, wo es Glühwürmchen gibt, da ist die Natur noch in Ordnung. Sagt man. Streng genommen handelt es sich dabei gar nicht um Würmchen, sondern um nachtaktive Käfer, die man in lauen Sommernächten dabei beobachten kann, wie sie um ihr Leben leuchten. Und das tun sie nicht nur sprichwörtlich, sondern ganz im Ernst, denn Glühwürmchen haben ein Problem: 

Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen sie als Larve und wissen noch nichts davon. Drei Jahre fressen, fressen und nochmals fressen. Irgendwann werden dann aus den Larven leuchtende Würmchen und ein neuer, sehr kurzer Lebensabschnitt beginnt. Dann wird nicht mehr gefressen, sondern geleuchtet. Das Leuchten entsteht durch eine biochemische Reaktion, die jede Glühbirne vor Neid zerbersten ließe: 98 Prozent der frei werdenden Energie wird in Licht umgewandelt – bei einer herkömmlichen Glühbirne sind es gerade mal fünf Prozent, der Rest ist Abwärme. Man könnte also sagen: Glühwürmchen sind die Götter der Energieeffizienz.

Geleuchtet wird allerdings nicht nur zum Spaß. Na ja, irgendwie schon: Die in krautiger Vegetation sitzenden und paarungsbereiten Weibchen leuchten, um die Männchen anzulocken. Die wiederum schwirren in wilden Suchflügen umher, um eine glühende Partnerin zu finden. Das allerdings wird immer schwieriger, weshalb die Glühwürmchen heute auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten stehen. Zum einen liegt das an der Intensivlandwirtschaft, die vielen Insekten zu schaffen macht, zum anderen aber am Licht, genauer gesagt an unserem künstlichen Licht und der massiven Lichtverschmutzung. Hell erleuchtete Stadtparks tragen nicht unbedingt zum Aufblühen der Glühwürmchenpopulation bei. Die Weibchen zeigen sich vom vielen Licht zwar unbeeindruckt, die Männchen allerdings scheuen das grelle und künstliche Licht und so finden Männchen und Weibchen nicht mehr zusammen. Unter einer flutlichtbeleuchteten Trauerweide wartet die Leuchtkäferfrau vergebens auf einen potenziellen Partner und stirbt ohne Nachkommen: »Und er sprach, es werde Licht, doch Männchen fand das Weibchen nicht.«

Natürliche Rhythmen und wie es mal gedacht war

Für unglaublich lange Zeit war der Mensch an die Rhythmen der Natur und die damit verbundene Verfügbarkeit von frischem Wasser, Nahrung, Wärme und Licht gebunden. Licht auf Knopfdruck ist evolutionär gesehen noch brutal frisch. Unser Verstand findet es super – der Rest unseres Körpers hängt da etwas hinterher und kann nur wenig damit anfangen.

Der Steinzeittag begann mit dem Sonnenaufgang und endete bei Sonnenuntergang. Selbst als das Feuer gezähmt war, änderte sich daran nicht viel. Haben Sie irgendwann einmal in ernst zu nehmender Dunkelheit an einem Lagerfeuer gesessen und sich dann ohne Taschenlampe entfernt? Zum Beispiel, um ein Plätzchen zum Austreten zu finden? Wenn ja, dann haben Sie wahrscheinlich gemerkt, dass der Schein eines Lagerfeuers nicht sonderlich weit reicht und man viel schneller im Gestrüpp hängt, als man sich daraus wieder befreien kann. 

Der Mensch hat eine natürliche Furcht vor der Dunkelheit. Das liegt daran, dass die Augen unser wichtigstes Sinnessystem sind und diese in Abwesenheit von Licht nichts taugen. In der Dunkelheit fühlt sich der Mensch hilflos, angreifbar und ausgeliefert, und das ist er auch. Viele Raubtiere, die dem Menschen gefährlich werden können, jagen nachts und sind daran angepasst: Sie sehen in der Dunkelheit nicht nur besser, sondern verfügen auch über ein deutlich besseres Geruchsvermögen als der Mensch. Es ist also kein Wunder, dass schon lange vor der Entdeckung der Elektrizität Gassen und Straßen nachts beleuchtet wurden. Die ältesten Straßenbeleuchtungen stammen sogar aus der Antike, was unter anderem von dem zeitgenössischen Historiker Ammianus Marcellinus (ca. 330–395 n. Chr.) in seinem Geschichtswerk »Res gestae«überliefert wurde.

Aber zurück auf Anfang. Der Tagesablauf unserer Ururahnen sah vor, genug zu fressen und nicht gefressen zu werden. Und daher lieber nicht vom Baum zu fallen, wenn man schlief. Als unsere Vorfahren dann selbst zu Jägern wurden, mussten sie immer noch darauf achten, genug Beute zu machen, ohne Beute zu werden. Das war die Hauptbeschäftigung. Hinzu kamen die Reparatur von Werkzeugen und Waffen sowie die Erstellung dessen, was für das Leben sonst noch so benötigt wurde. Die Beleuchtung regelte in erster Linie den Tag-Nacht-Rhythmus und die Aktivitäten fanden deshalb vornehmlich tagsüber statt.

Auch als der Mensch sesshaft wurde, bestimmte in erster Linie das Sonnenlicht seinen Tagesablauf. Ohne Flutlichtanlagen oder Stirnlampe konnte er sich nur tagsüber um seine Äcker kümmern. Drehte ihm die Nacht das Licht ab, war sein Handlungsspektrum deutlich eingeschränkt. Und auch wenn Fred Feuerstein angeblich einen Fernseher hatte, galt dies mit Sicherheit nicht für jeden Steinzeitler. Das abendliche Unterhaltungsprogramm bestand aus dem Beisammensein mit den Mitgliedern der Gruppen und Familien. Wenn man sich alles Wichtige erzählt hatte, legte man sich schlafen.

Alles im Viervierteltakt

Letztendlich gibt es zwei große Taktgeberkreise, die unser Leben steuern: innere und äußere. Die inneren entsprechen vor allem unseren Bedürfnissen wie Hunger, Durst oder Erschöpfung. Die äußeren bestimmt die Natur, beispielsweise in Form von Tages- und Jahresrhythmus. Ein Organismus, der nachts mit seinem Hauptsinn nichts anfangen kann, ist darauf angewiesen, am Tag aktiv zu sein. Jahreszeitliche Schwankungen in der Verfügbarkeit bestimmter Nahrungsmittel fordern vom Organismus außerdem, mit diesen Schwankungen zurechtzukommen. Unsere Systeme haben sich nicht nur an diese äußeren Rhythmen gewöhnt – sie sind durch sie entstanden und synchronisieren sich noch heute mit ihnen.

In der Altsteinzeit lebten wir mit den Taktgebern noch in Einklang. Der Tag-Nacht-Rhythmus gab den Rahmen vor und die inneren Bedürfnisse erledigten den Rest: Hunger trieb uns zur Jagd. Waren die Kräfte verbraucht, ruhten wir uns aus. Nahrung beschaffen konnte man nur am Tag, war der Speer am Tag davor gebrochen, musste man zunächst einen neuen herstellen. Das konnte man zur Not noch im Licht des Feuers erledigen, bevor man schlafen ging.

Mit der Sesshaftwerdung in der Jungsteinzeit gewann der Jahreszeitenrhythmus an Bedeutung. Um im Winter ausreichend Nahrung zu haben, musste im Frühling genug Ackerfläche bestellt werden, Unkraut musste gejätet, Schädlinge mussten abgesammelt, das Korn musste geerntet und gelagert werden und für das Vieh musste man auch noch genug Vorräte anlegen. Für Jäger war der Erfolg in erster Linie an Geschick gebunden; beim Ackerbau wurde Fleiß immer wichtiger. Es wurde zudem zur Notwendigkeit, über lange Zeiträume zu planen und bei Bedarf die inneren Bedürfnisse aufzuschieben, um alles am Laufen zu halten. Auch über die Beleuchtungssituation in den befestigten Häusern und Hofanlagen machte man sich ernsthaft Gedanken. Es begannen die ersten Schritte weg von den natürlichen Rhythmen.

Vom Vierviertel-zum Dreivierteltakt

Zunächst die gute Nachricht: Der Mensch hat es noch nicht geschafft, die Zeit zu ändern. Würden wir aber vermutlich, wenn wir nur könnten, und könnten wir vielleicht, wenn Einstein ein bisschen länger gelebt hätte – oder, wie Sheldon Cooper sagt, nicht so ein Filou gewesen wäre.[1]

Die Tage sind heute immer noch genauso lang wie vor ein paar Hunderttausend Jahren. Aber irgendwie sind sie breiter geworden. Auf der Jagd nach Effizienz portionieren wir die Zeit in immer kleinere Häppchen, schaffen, so gut es geht, Überlappungen (allgemein bekannt als »Multitasking«) und dehnen die uns zur Verfügung stehenden 24 Stunden des Tages auf ein Maximum aus. Vollgestopfte To-do-Listen helfen uns dabei. Ach, nur damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Auch der Autor steht auf To-do-Listen und hält sie für überaus sinnvoll. Erst neulich hat er eine aus dem Jahr 2007 wiedergefunden, die nach wie vor brandaktuell war!

Natürliche Rhythmen können jedenfalls in der modernen Welt nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Das Leben läuft mit den eigentlichen Taktgebern nicht mehr synchron. Wir haben uns entkoppelt und oftmals auch vergessen, unseren eigenen inneren Bedürfnissen zu folgen. Wir essen nicht, wenn wir Hunger haben, sondern bevor wir das Haus verlassen, in der Mittagspause und wenn wir wieder nach Hause kommen. Wir gehen auch nicht ins Bett, wenn wir müde sind, sondern erst, wenn der »Tatort« zu Ende ist, oder schon, weil wir ja morgen früh aufstehen müssen. Unser Alltag wird von künstlichen Rhythmen bestimmt, auf die sich unsere innere Uhr nur schwer einstellen kann. Sie wird durch Termine im Viertelstundentakt und dank der Vernetzung mit der ganzen Welt inklusive einer Rundum-Erreichbarkeit durch den Alltag gezogen. Eine solche Vernetzung hatten wir früher mit der Natur.

Licht ist einer der wichtigsten natürlichen Taktgeber unseres Körpers. Dank Licht auf Knopfdruck und Straßenbeleuchtung, die wir nicht einfach so mal kurz ausschalten können, wenn uns der Sinn danach steht, ist es nie ganz dunkel um den modernen Stadtbewohner. Es ist aber auch nur noch sehr selten ganz hell. Wir sitzen in Innenräumen. Die Beleuchtungsstärke wird in Lux (lx) angegeben. Ein heller Sommertag bringt es auf 100 000 lx, ein bedeckter Wintertag auf 3 500 lx. Nachts in der Pampa werden Werte zwischen 0,00013 lx (bedeckter Nachthimmel ohne Mond) bis 0,36 lx (Vollmondnacht ohne Wolken) gemessen. Das sind die Werte, auf die unser System geeicht ist. Es braucht diese Extreme, um reibungslos zu funktionieren: von der totalen Finsternis bis hinauf zum gleißenden Sonnenlicht (in das man natürlich besser nicht direkt hineinsehen sollte) oder, anders formuliert, von »pitch black« bis »Schau her und deine Netzhaut zerfällt zu Asche«.

Der Monitor, vor dem die Autorin sitzt, bringt es mit dem Schreibprogramm auf 390 lx. Das sagt zumindest die App, die sie gerade schnell mal runtergeladen hat. Es gibt für alles eine App. Draußen ist es trist und grau und es regnet. Ein fieser Herbsttag. Die App spuckt im Garten trotzdem über 4 000 lx aus. Ganz egal, auf welche Lichtquelle die Autorin die App im Inneren ihrer Wohnung richtet, ein Wert über 600 lx wird nicht gemessen. Das Leben im Inneren nimmt uns in puncto Licht die Extreme. Mit ein bisschen Mühe und ordentlichen Fensterläden können Sie wenigstens die Dunkelheit in Ihre Wohnung einladen. Aber mal ehrlich: Wer macht das schon? Wer lässt die Rollos herunter und sucht nach all den versteckten kleinen LEDs, die den Standby-Status aller technischen Utensilien anzeigen, um sie alle auszuschalten? Im Haus der Autorin sorgen allein diese ganzen Lichtlein der ewigen Bereitschaft für eine Discobeleuchtung, die ausreicht, um den Weg zwischen Bett und Bad und zurück im »Dunkeln« verletzungsfrei zu absolvieren.

Licht und dessen Abwesenheit hat großen Einfluss auf unsere Regelkreise, auf Hormone und Neurotransmitter. Fehlen die Extreme – »pitch black« bis »Schau her und deine Netzhaut zerfällt zu Asche« – versacken wir im Einheitsbrei. Sonne macht überhaupt glücklich. Sie. Die Autorin. Den Autor. Eigentlich alle. Außer Vampire. Das ist mehr als subjektive Wahrnehmung, das ist messbar. Trifft Sonnenlicht auf die Haut, werden Endorphine und Serotonin freigesetzt. Sonne sorgt dafür, dass sich die Stimmung der Menschen verbessert, sie wacher und leistungsfähiger sind. Steht die Sonne hoch am Himmel, wird außerdem Vitamin D3 produziert, das an unsäglich vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Doch ehe wir uns diesen inzwischen recht gut belegten Effekt der Sonne genauer ansehen, lassen Sie uns kurz auf einen stark umstrittenen und noch etwas hypothetischen Zweig der Erkenntnis klettern.

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[1]The Big Bang Theory. USA 2007-2019. Folge: Die Antilope im Curry.

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