Die Autoren Simone Janßen und Niklas Hobacher im Interview mit dem Verlag Topicus (www.topicus-verlag.de) über ihr neues Buch »Die Reenergize-Formel«.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen dieses Buch zu schreiben?
Niklas: Ich weiß nicht, ob man von einer richtigen Idee sprechen kann. Zumindest war es nicht so, dass uns der Geistesblitz mal so eben von hinten ein Bein gestellt hätte. Eigentlich war es viel mehr ein Prozess. Ein Prozess, der unter anderem damit zu tun hat, dass wir heute zwar in einer sehr spannenden Zeit leben, aber auch in einer sehr komplexen. Jeder kann mühelos auf eine Überfülle an Wissen zugreifen, was einerseits ja fantastisch ist, aber andererseits überfordert. Schnell mal Doktor Google befragen zu können führt ja nicht unbedingt schon zu richtigem Verstehen. Man muss die Informationen filtern und vernetzen können und, sozusagen, auf sich selbst beziehen … und das wird immer schwieriger, je mehr Informationen man zur Verfügung hat. Besonders in Gesundheitsfragen ist das schwierig. Da erschlägt einen regelrecht dieses Wissen … und vor allem auch das Unwissen.
Simone: Informationen auf sich und das eigene Leben zu übertragen ist an der Stelle ja auch nur die halbe Miete. Man muss auch noch schauen, welche Informationen oder Tipps nun einmal so gar nicht zu einem passen. Und das ist manchmal eben nicht so einfach. Da glaubt man jahrelang, man macht es halt nicht richtig und deshalb hat man immer noch – keine Ahnung – Schlafprobleme zum Beispiel. Und erst viel später merkt man: Nein, die super schicke Erkenntnis aus der Wissenschaft passte einfach nicht zu meinen Einschlafschwierigkeiten. Ach so – apropos Wissenschaft: Eigentlich müsste man auch noch prüfen, ob man der Informationsquelle überhaupt trauen kann.
Welchen Informationsquellen kann man denn überhaupt trauen?
Simone: Gar nicht so einfach … Im Zuge der Recherche für das Buch mussten wir sehr schnell feststellen, dass es wesentlich schlimmer ist, als wir dachten. Heute schreibt wirklich jeder von jedem ab und Falschinformationen verbreiten sich wie im Flug. Auch Webseiten, Zeitungen und Fachmagazine, die wir bis dahin als seriöse Informationsquellen im Hinterkopf hatten, haben uns dahingehend enttäuscht. Letztlich sollte man tatsächlich nur den Artikeln und Webseiten halbwegs vertrauen, die auf die ursprünglichen Quellen verweisen. Und selbst bei denen ist es oftmals unerlässlich, zur Ursprungsquelle zurückzugehen und auch diese nochmals zu prüfen.
Niklas: Hinzu kommt dann auch noch, dass all das Gesundheitswissen unheimlich fragmentiert ist. Wir leben ja in einer Welt voller Spezialisten, voller spezialisierter Wissenschaftler, Ärzte und Gesundheitsexperten, die zwar die Welt im Detail immer besser verstehen, aber eben nur im Detail. Irgendwie ist die Gesamtschau abhanden gekommen und wir hatten beide das Bedürfnis, also Simone und ich, nach einer solchen Gesamtschau … nach einer ganzheitlichen Orientierung im Sinne von: Wie lebt man eigentlich gesund? Was macht ein zufriedenes Leben aus? Gibt es Prinzipien, an denen man sich orientieren kann? Was sind die systemischen Zusammenhänge? Welche Fäden hat man selbst in der Hand, um mit großer Wahrscheinlichkeit auch im Alter noch geistig fit und körperlich gesund zu sein?
Und auf der Suche nach einer solchen Gesamtschau, nach einer solchen ganzheitlichen Orientierung, sind wir zumindest in Buchform nicht fündig geworden. Vor allem nicht so aufbereitet, dass das auch noch unterhaltsam zu lesen wäre. Also haben wir beschlossen, das selber zu machen. Das Vernetzen von Wissen und Filtern von Unwissen. Eine Art Gesamtschau als Gegenstück zur fortschreitenden Spezialisierung. Ein Buch, das wir auch selbst gerne lesen würden. Vor allem jetzt im Nachhinein eine verrückte Idee …
Warum verrückte Idee? Das klingt doch zumindest nach einem Plan …
Niklas: Der war aber nur sehr verschwommen skizziert und wir haben einfach den Aufwand unterschätzt. Simone als Biologin hat natürlich den fachlichen Hintergrund. Und ich habe mich mit der Themenvielfalt des Buches auch schon viele Jahre auseinandergesetzt und hatte auch seit einiger Zeit ein Konzept vor Augen, das ein solches Themenspektrum in einem Online-Projekt vereint. Ein Buch ist aber insofern schwieriger und eine ganz andere Kategorie, weil es sehr viel strukturierter sein muss, viel runder, es muss alles einen Sinn ergeben und flüssig zu lesen sein. Das war die größte Schwierigkeit dabei.
Das Themenspektrum ist ja in der Tat sehr vielfältig …
Simone: Genau … Wir wollten ja auch einen etwas anderen Gesundheitsratgeber schreiben. Einen Gesundheitsratgeber, in dem es nicht nur um Ernährung, Bewegung oder Stress geht. Natürlich spielt das auch bei uns eine große Rolle, es geht aber auch um Kälte, Hitze, Hygiene, Licht, Schlaf, Wasser, Neurobiologie, Gedankenspiralen, Gefühle, und, und, und … Alles hängt irgendwie zusammen und greift ineinander. Wir wollten sozusagen den faszinierenden biologischen Zusammenhängen von Gesundheit, Energie und Glück auf den Grund gehen. Und diese Zusammenhänge möglichst anschaulich und humorvoll vermitteln.
Gleichzeitig sind wir aber relativ naiv an die Sache herangegangen und nur weil wir ein Grobkonzept für das Buch relativ schnell verfassen konnten, hieß das noch lange nicht, dass wir das Buch auch – wie ursprünglich geplant – innerhalb einiger Monate schreiben konnten. Daraus wurden dann zwei Jahre. Naivität war da durchaus hilfreich. Hätten wir das vorher gewusst, dann würde es das Buch heute in der Form auch nicht geben.
Warum der Titel „Die Reenergize-Formel“?
Niklas: Irgendwie scheint es so, dass sich heute immer mehr Menschen in der Tretmühle der Hochleistungsgesellschaft zermahlen fühlen. Also im Sinne von energielos und im Sinne von freudlos, also ihrer Lebensfreude beraubt. Das erste Wort »Reenergize« steht dafür, dass wir unsere Energie und Lebensfreude zurückgewinnen können. Und die „Formel“ soll verdeutlichen, wie dies einfach und effektiv geschehen kann.
Simone: Es gibt aber auch noch einen weiteren Grund für »Reenergize« und Energie, die ja einen zentralen Platz im Buch einnimmt. Alles Leben, jedes lebendige System und so auch das System Mensch hat einen Stoffwechsel, der in der Lage ist, Energie zu erzeugen. Energie ist also ein zentrales Element von Leben. Diese Energie macht Leben erst möglich und ordnet das Chaos der unbelebten Materie. Energie ist das, was alles Lebendige verbindet.
Wie schreibt man überhaupt zu zweit ein Sachbuch?
Simone: Wie schon erwähnt gab es zu Beginn ein Grobkonzept, an dem wir uns orientiert haben. Allerdings war dieses Grobkonzept weit nicht so ausgefeilt, wie es sonst bei einem Sachbuch üblich ist. Das war uns auch gar nicht möglich – wegen der großen Themenvielfalt und vor allem auch deswegen, weil uns die tatsächliche Vernetzung der unterschiedlichen Themenbereiche zu diesem Zeitpunkt und in dieser Tragweite noch gar nicht so bewusst war. Zum Glück, denn sonst hätten wir wahrscheinlich auch gar nicht gewusst, wo wir mit dem Schreiben beginnen sollen.
Letztlich spiegelt sich die Komplexität des Themas auch im Schreibprozess des Buches wider. Geplant war das Buch ursprünglich in zwei Teilen. Einen Problemteil und einen Lösungsteil. Ich sollte im ersten Teil die Probleme herleiten – alles betrachtet durch eine evolutionsbiologische Linse. Niklas sollte im zweiten Teil versuchen, Lösungen für eben diese Probleme zu finden. Die er zu diesem Zeitpunkt im Detail aber noch nicht kennen konnte, da wir ja gleichzeitig an den Themen schrieben. So verrückt das klingt: Interessanterweise hat dieser eigentümliche Ansatz überraschend gut funktioniert, zumindest in dem Kapitel über Ernährung, mit dem wir zu schreiben begonnen hatten. Trotzdem stellten wir bald fest, dass wir eigentlich an zwei Büchern schreiben, die auch unabhängig und für sich existieren könnten.
Niklas: Also haben wir diesen Ansatz mit den zwei Teilen verworfen und versuchten alles mehr zu verbinden. Die Rollenverteilung – Simone macht die Probleme und ich mache die Lösungen – löste sich mehr oder weniger auf und aus den bisher geschriebenen zwei Teilen machten wir eine E-Mail-Konversation. Und auch das weitere Buch sollte so geschrieben sein. Zuerst hielten wir die Idee für ziemlich abartig, aber nachdem das Feedback sehr gut war, gewöhnten wir uns schnell daran und fanden diesen Ansatz selbst bald recht originell. Das wird ein geniales Buch … dachten wir zumindest zu diesem Zeitpunkt. Die Welt der großen Verlage sah das allerdings anders. Eine E-Mail-Konversation zwischen zwei fiktiven Personen … ja genau, die Charaktere waren auch frei erfunden … und das über diesen komplexen Themeninhalt, da hatte kein Verlag große Lust sich die Finger zu verbrennen.
Und letztendlich habt ihr (Anmerkung: Verlag Topicus) ja auch gesagt: Guter Inhalt, gut geschrieben, könntet ihr daraus ein halbwegs normales Sachbuch machen. Na ja, und das haben wir dann gemacht. Wobei man jetzt im Nachhinein sagen muss, dass das Buch auch inhaltlich und strukturell von der vielen Umschreiberei profitiert hat. Und so ganz normal ist es ja zum Glück immer noch nicht.
Nach all der Recherche: Wie hoch ist eure Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden?
Niklas: Lustig, dass Ihr das fragt. Meine Großtante ist nämlich kürzlich im Alter von 100 Jahren verstorben und sie hat tatsächlich so einiges sehr richtig gemacht. Letztendlich geht es aber ja gar nicht darum, 100 Jahre alt zu werden, sondern mehr darum, möglichst lange gesund zu bleiben, also im Alter noch geistig und körperlich fit zu sein. Zumindest wissen wir darüber jetzt einiges … Mit dem Umsetzen dieses Wissens hapert es noch etwas.
Moment… das heißt, ihr haltet euch selbst gar nicht an all eure Tipps?
Simone: (Gelächter) Nein, das hält ja kein Schwein aus. Außerdem geht es ja auch genau darum, dass nun einmal nicht alle Tipps für jeden Menschen richtig sind. Niklas zum Beispiel bekommt mit einer kalten Dusche den Extrakick Energie – für mich wäre dann der Tag gelaufen. Aber mit dem Wissen über die Zusammenhänge und zahlreichen Anregungen kann hoffentlich jeder Leser die für sich richtigen Lösungen finden …
Danke für das Gespräch.